Emissionen des Stahlwerks Feralpi unter Verdacht

mdr 10. Oktober 2012

MDR INFO | Hörer machen Programm | 10.10.2012

Das Elbe-Stahlwerk Feralpi in Riesa, kurz ESF, sorgt seit seinem Bestehen für Kontroversen. Direkte Anwohner beschweren sich immer wieder über das Werk, das ihrer Meinung nach eine Dreck- und Giftschleuder ist. ESF bestreitet die Vorwürfe und die zuständige Behörde versucht, mit stichprobenartigen Messungen den Verdacht zu prüfen. MDR INFO-Hörer Erich Pfütze aus Riesa ist besorgt um die Gesundheit der Anwohner und macht sich für eine gründliche Analyse stark, denn seit fast zwanzig Jahren steigt der Qualm nun immerhin schon aus den Dachluken des Stahlwerks.

von Christian Werner

Ein Stahlarbeiter steht vor einem Schmelzofen in der Elbe Stahlwerke Feralpi GmbH in Riesa (Landkreis Meißen). I Rechte: dpa


Im Elbe-Stahlwerk Feralpi in Riesa wird aus Schrott Stahl gewonnen. Bevor das geschehen kann, muss der Schrott von Lacken, Schmiermitteln und Plastikrückständen befreit werden. Ein Prozess, bei dem Staub und Dreck anfällt. Der weht offenbar auch übers Werksgelände hinaus. 2011 wurden bei Messungen in Riesa vergleichsweise hohe Werte an Dioxin und anderen Giftstoffen festgestellt. Dafür übernimmt ESF zumindest teilweise die Verantwortung, sagt Mathias Schreiber, Umweltmanagementbeauftragter der Feralpi GmbH.

"Man muss die Zunahme relativieren, man muss andere Quellen berücksichtigen, zum Beispiel den Straßenverkehr, man muss sich die Wetterlage anschauen, die zum Zeitpunkt der Messungen herrschte, also: War es eine trockene Wetterlage, haben starke Winde geherrscht? Dann sollte man auch berücksichtigen, welche anderen Emittenten, Verursacher am Standort noch vorhanden sind. Aber es ist richtig: Feralpi trägt auch einen Teil dazu bei."
Mathias Schreiber, Umweltmanagementbeauftragter der Feralpi GmbH

Grenzwerte überschritten
Dioxin ist hochgradig krebserregend. Bei neun Pikogramm Dioxin pro Quadratmeter und Tag liegt der Orientierungswert, bei dem eine sogenannte Sonderfallprüfung ausgelöst werden sollte. In Riesa wurden 14 Pikogramm gemessen. Bei den unmittelbaren Nachbarn des Werks löst das Sorge aus. Jan Niederleig und sein Vater wohnen reichlich 350 Meter Luftlinie vom Stahlwerk entfernt. Seit dessen Inbetriebnahme messen sie Feinstaub, filmen und fotografieren das Werk fast rund um die Uhr. Für Jan Niederleig ist diese Nachbarschaft eine Zumutung: "Wenn der Wind aus Stahlwerksrichtung kommt, stinkt es erstens bestialisch und man muss das Fenster schließen. Man kann nachts nicht mehr schlafen und davon starke Kopfschmerzen bekommen, die man dann ein, zwei Tage hat und die nicht weggehen. Und zusätzlich der Staub, man sieht das immerzu rausmulmen aus dem Dach."
Jan Niederleig aus Riesa

Gleiches hat auch MDR INFO-Hörer Erich Pfütze beobachtet. Bei Feralpi streitet man das auch gar nicht ab, gibt zu, dass über das Dach Emissionen freigesetzt werden. Feralpi-Umweltmanagementbeauftragter Mathias Schreiber: "Über das große Stahlwerksdach werden zum einen Wasserdämpfe abgegeben, aber es ist auch richtig, dass Stäube teilweise aus dem Dach entweichen." Was man dagegen machen will, bleibt offen.

Überprüfungen nicht systematisch
Außerdem werden die Inhaltsstoffe der Stäube selten überprüft. Dabei können sie durchaus Dioxin und andere Giftstoffe enthalten. Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie ist für die Messungen in Riesa zuständig. Hier sind die Vorwürfe der Familie Niederleig gegen ESF bekannt. Aber eine höhere Schadstoffbelastung beispielsweise in den Nächten sei bei Messungen nicht festgestellt worden. Andrea Hausmann vom Landesamt verweist auf die Ergebnisse: "Wir haben aber aus den Messungen 2008/2009 auch zeitlich fein aufgelöste Feinstaubmessungen aus Halbstundenmittelwerten und wir haben da keinerlei Auffälligkeiten festgestellt."

Unterstützung kommt von den Grünen
Doch Jan Niederleig und sein Vater geben sich mit den bisherigen Untersuchungen nicht zufrieden. Momentan werde nur an einem Punkt in Riesa gemessen. Das reiche bei Weitem nicht aus. Politisch bekommen sie Unterstützung von Johannes Lichdi, der für die Grünen im Dresdner Landtag sitzt.

"Wir haben jetzt erst im August auf meine kleine Anfrage erfahren, dass jetzt im Rahmen eines Änderungsverfahrens, das ESF eingeleitet hat, eine Sonderfallprüfung durchgeführt wird. Wir sind auf die Ergebnisse sehr gespannt und gehen davon aus, dass dann endlich offenbar wird, dass wirklich ESF mit seinen Emissionen breitflächig die Umwelt um das Werk verseucht."
Abgeordneter Johannes Lichdi, für die Grünen im Sächsischen Landtag

Zumindest einen Teilerfolg haben die Niederleigs schon erreicht. Im November soll eine einjährige Sondermessung zum Stahlwerk in Riesa beginnen. Die Messstation soll auf dem Grundstück nur wenige hundert Meter vom Haus der Niederleigs eingerichtet werden.

   

Aktuelle hochtoxische Giftwolke aus dem Feralpi Werk in Riesa
Rechte: BUND Riesa